Der E-Gitarrist Christian Kunze

Als E-Gitarrist habe ich die Vorliebe, mit wenigen Tönen viel zu erzählen oder mit vielen Tönen, die Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Aspekt in der Musik zu richten.

Aus dem Vorwort meines Lehrbuchs:

„Improvisationstechnicken für Gitarristen“:

An einem Samstagabend spielte Brandfort Marsalis in der Hamburger Fabrik ein Triokonzert. Er trat in seinem Armani Anzug auf die Bühne und spielte. Die Band hatte etwas von einem Wirbelsturm, mehr denn von gepflegter Langeweile. Das Thema des ersten Stücks war verklungen und Brandfort setzte zu seinem ersten Solo des Abends ein.

Ich erwartete Tausende von Möglichkeiten. War gespannt darauf was er spielen würde, aber das was dann kam, erwartete ich nicht………

Keine Geräuschsalven, kein quengelndes Überblasen, keine Tonkaskaden in den ausgetüftelten Modi, nein nur jeweils ein Ton pro Akkord.

Aber dieser eine Ton veränderte mein Verständnis von Technik und Virtuosität von Grund auf. Die Töne die er spielte waren alle falsch. Wenn ein Dominantakkord erklang spielte er die Major Septim, wenn ein Mollakkord kam, die Dur-Terz, bei einem Halbverminderten spielte er natürlich die reine Quinte und bei Major7 beharrte er auf der kleinen Septim.

Bei 12 Halbtönen ist im Jazz maximal einer so richtig verboten und genau den spielte er mit überzeugter Inbrunst und betörend musikalisch.

Technik ist also sehr viel mehr, als im „Richtigen“ -Moment den richtigen Ton zu treffen und das richtige Lick „abzufeuern“. Eine gute Technik hilft dem Spieler sich wohl zu fühlen und vor Publikum über sich hinaus zu wachen.

Bevor wir in das vorliegende Übungsmaterial einsteigen und es hoffentlich hinreichend erklären, möchte ich noch Mike Goodrich zitieren der sich Gedanken zu Technik gemacht hat:

Wenn wir sagen, ein Gitarrist habe eine gute Technik, meinen wir normalerweise seine Schnelligkeit und Sauberkeit (Präzision) im Spiel. Aber Technik beinhaltet viel mehr. Es geht auch um: wie langsam, wie entspannt und alles, was zwischen diesen Extremen liegt.

Technik ist Gespür. Sie ist auch Bewegung. Sie ist der Punkt , bei dem Ihr Innerstes (Intention,

Gefühle, Gedanken, ect.) auf das Instrument trifft und in das transformiert wird, was außerhalb von Ihnen ist. (Klang, Musik). Für einen Gitarristen bedeutet dies in erster Linie Hände und Finger (aber- etwas weniger offensichtlich- auch Handgelenke , Arme, Schultern, Nacken und Rücken).

Technik beinhaltet alles, was Sie physisch brauchen um Ihr Instrument zu spielen. Wann immer Sie Gitarre spielen, so spielt Technik eine Rolle.“

Soweit die Anmerkungen von Mike Goodrich.

Richtig, es gibt viele Bücher die es sich zum Ziel gesetzt haben, die Technik von Gitarristen zu verbessern und zu noch flinkeren Kunststücken zu motivieren.

Als ich ein Anfänger der Gitarre war, spürte ich dieses Verlangen Musik zu spielen, die ich in mir hören konnte, aber mir fehlte die Technik und so viel es mir schwer, diese Musik hörbar zu machen. Ich schrieb Songs und führte sie mit meiner Schülerband auf, aber ich wollte gerne immer ein bisschen Mehr. Ein Hook , das mich vom Hocker reißt, eine 2. Melodie für die Gitarre u.s. weiter. Und ich wollte es selbst kreieren!